Dienstag, 20. Dezember 2011

Vom Saulus zum Paulus?


Man sollte stets an das Gute im Menschen glauben und niemanden vorverurteilen. An die Wandlung vom Saulus zum Paulus wird ganz aktuell erinnert, wenn man die aktuelle politische Bühne der EU-Kommission in Brüssel betrachtet. Der als lange Zeit als Superminister und potenzieller Kanzlerkandidat vorgesehene Karl-Theodor zu Guttenberg wird nämlich dort bald als Berater zum Thema Freiheit im Internet tätig sein. Ausgerechnet zu Guttenberg möchte man meinen, dessen mit Plagiaten überhäufte Doktorarbeit von Internetaktivisten enttarnt und akribisch aufgeschlüsselt wurde. Lange Zeit dementierte der damalige Verteidigungsminister die Plagiatsvorwürfe als abstrus und selbst als man in Blogs und Wikis dezidiert nachlesen konnte an welchen Stellen augenscheinlich abgeschrieben wurde, hatte der Adlige eine erneute Ausrede parat. Ein Schuldeingeständnis hätte die Debatte wahrscheinlich im Keim erstickt aber das kam für zu Guttenberg nicht in Frage. Inwieweit der Ex-Politiker der richtige Ansprechpartner für Fragen wie Datenschutz im Internet ist, sei daher dahingestellt. Da er die Macht der Sozialen Netzwerke und der Internetgemeinschaft am eigenen Leib erfahren habe, sehe er sich selbst in einer guten Position. Zum Höhepunkt der Affäre im Februar 2011 brummten die Social Media Kanäle und das Thema wurde bei Facebook und Twitter an erster Stelle gespielt. Und noch heute steht in den Suchvorschlägen von Google das Wort „Plagiat“ direkt als Vorschlag neben dem Namen „zu Guttenberg“.

Um Ausreden war Karl-Theodor zu Guttenberg nie verlegen. Selbst in seinem im November erschienenen Buch „Vorerst gescheitert“ schreibt er darüber, dass er nie wissentlich getäuscht habe, sondern die kopierten Passagen aus Versehen in der Dissertation gelandet seien. Immerhin habe er über Jahre lang auf vier Computern und zahlreichen Wechseldatenträgern daran gearbeitet. Da kann man schonmal durcheinander kommen. Wenn man dann nach einiger Zeit die Computerleistung optimiert und eine schnellere Festplatte einbaut ohne sich zu merken ob man die aktuellsten Versionen der Doktorarbeit darauf gespeichert hat, ist das Malheur schnell passiert. Vor allem wenn man vergisst überflüssige Dateien zu löschen. Da werden die mühsam herausgesuchten Quellen und Zitate schnell mal in den Text eingepflegt ohne sie kenntlich zu machen. Anstatt Datenmüll zu beseitigen, löschte der Autor aus versehen Fußnoten.

Daher hat es einen faden Beigeschmack wenn man jetzt darüber nachdenkt, dass der geläuterte Politiker über die EU-Kommission ein mögliches Comeback ansteuert und den Bürgern Tipps zum Surfen im Internet geben möchte. Es wirkt beinahe wie eine Polit-Satire. Online Marketing vom Allerfeinsten. Der ehemals beliebteste Politiker Deutschlands, der freiwillig auf seine Doktorwürde verzichtete, seine Ämter zurückgab und das Land verließ, tritt nach nur 9 Monaten wieder in die Öffentlichkeit, hat ein Buch im Gepäck und die charakteristisch Gelfrisur zunächst weggelassen. Die Kommission äußerte sich zu ihrem neuen Berater mit dem Hinweis, dass man Talente und keine Heiligen gebrauche. Vielleicht hinkt der Vergleich mit Saulus und Paulus doch ein wenig...

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